Hebammen – Zukunft der Geburt

Werdende Eltern können sich aussuchen, wo sie ihr Kind bekommen möchten: in einem Krankenhaus, in einem Geburtshaus oder zuhause in den eigenen vier Wänden. Die freie Wahl bei diesem individuellen Ereignis soll den Bedürfnissen der Eltern Rechnung tragen.

Allerdings steigen immer mehr freiberufliche Hebammen aus der Geburtshilfe aus oder geben ihren Beruf gänzlich auf, da sie sich die Haftpflichtbeiträge schlicht nicht mehr leisten können. Hausgeburten werden damit unmöglich, Geburtshäuser schließen, viele Krankenhäuser geben ihre Geburtsabteilungen auf.

Mit einem Passus im Versorgungsstärkungsgesetz versucht die Koalition nun über einen Umweg die steigenden Haftpflichtbeiträge in den Griff zu bekommen. Sie wollen die Regressforderungen der Kranken- und Pflegekassen beschränken.

Steigende Versicherungsprämien gefährden die freie Wahl

Die Prämie für die Gruppenhaftpflichtversicherung des Deutschen Hebammenverbandes (DHV) ist seit 1998 von 394 auf über 5.000 Euro gestiegen. 2015 soll sie dann auf weit über 6.000 Euro steigen!

Diese Prämien können sich viele Hebammen schlicht nicht mehr leisten. Verschärft wird die Situation durch die Ankündigung der Nürnberger Versicherung, Mitte 2016 aus den Gruppenhaftpflichtverträgen für Hebammen auszusteigen. Ein Ersatz wurde bisher noch nicht gefunden. Das wäre das Aus für die Gruppenhaftpflichtversicherungen. Freiberuflichen Hebammen blieben nur noch die Anbieter von Einzelversicherungen, die noch einmal wesentlich teurer sind.

Auch GynäkologInnen, die in Krankenhäusern als BelegärztInnen in der Geburtshilfe arbeiten, müssen mit gestiegenen Haftpflichtprämien kämpfen.

Gründe für die hohen Prämien

Der Anstieg der Prämien ist nicht darauf zurückzuführen, dass es mehr Geburtsschäden gibt. Deren Anteil liegt seit Jahren auf einem gleichbleibend niedrigen Niveau. Vielmehr führen eine längere Lebenserwartung der geschädigten Kinder sowie stark gestiegene Pflegekosten und höhere Schadensersatzansprüche dazu, dass die Versicherungen im Schadensfall mehr zahlen müssen. Das ist im Sinne der geschädigten Kinder und ihrer Familien und wird von uns ausdrücklich begrüßt. Dennoch brauchen wir Lösungen für die Hebammen.

Bundesregierung macht nur halbe Sachen

Das Problem der steigenden Haftpflichtprämien und der schwindenden Zahl freiberuflicher Hebammen ist seit Jahren bekannt. Passiert ist lange nichts. Inzwischen hat die Bundesregierung einen Sicherstellungszuschlag für Hebammen mit wenigen Geburten verabschiedet, von dem aber immer noch unklar ist, wie er ausgestaltet sein wird, an welche Kriterien er gebunden ist und ob er den Hebammen überhaupt hilft.

Im Rahmen des Versorgungsstärkungsgesetzes will Gesundheitsminister Hermann Gröhe nun dafür sorgen, dass die Kranken- und Pflegekassen sich ihre Kosten für Geburtsschäden nicht mehr bei den Versicherungen der freiberuflichen Hebammen zurückholen können. Das wird zu einer gewissen Entlastung bei den Versicherern führen und wirkt – hoffentlich – auf die Prämien zurück. Doch warum gilt diese Regelung nur für freiberufliche Hebammen? Auch angestellte Hebammen müssen sich oft noch zusätzlich versichern. Auch Gynäkologinnen und Gynäkologen leiden unter stark steigenden Versicherungsprämien.

Grüne Lösungen

Wer den Hebammen und den werdenden Eltern helfen will, muss die Versorgungsstrukturen insgesamt stärken. Dabei spielen bezahlbare Haftpflichtprämien – und zwar für alle Gesundheitsberufe – eine wichtige Rolle.

Bereits im März 2014 haben wir einen Antrag vorgelegt, in dem wir die Bundesregierung auffordern, schnell etwas zu tun, um den Hebammen zu helfen. Als Übergangslösung können wir uns eine Regelung vorstellen, mit der die Kosten der Berufshaftpflicht schnell gesenkt werden können. Beispielsweise einen Haftungsfonds oder eine Regressbeschränkung. Diese Regelungen sollten dann jedoch für alle Geburtsschäden gelten und nur für eine Übergangsphase von wenigen Jahren. Langfristig muss das Problem der steigenden Haftpflichtprämien dauerhaft gelöst werden. Denn es sind nicht nur Hebammen und GynäkologInnen betroffen, sondern alle Gesundheitsberufe, ganz gleich, ob sie freiberuflich arbeiten oder angestellt sind. Deshalb schlagen wir vor, die Möglichkeit zu prüfen, die Regelungsprinzipien der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Berufshaftpflichtversicherung für alle Gesundheitsberufe beispielsweise deren Arbeitgebern wie zum Beispiel Krankenhäuser zu übertragen.

Konzepte für neue Versorgungsformen gefragt

Die Haftpflichtversicherung ist nur ein Aspekt der Geburtshilfe-Versorgung. Es müssen zügig Handlungsansätze erarbeitet werden, die eine flächendeckende und qualitätsgesicherte Versorgung mit geburtshilflichen Leistungen gewährleisten können.