Rede gegen Pseudotherapien zur Änderung der sexuellen Identität

Sehr geehrter Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielfalt in unserer Gesellschaft ist eine Errungenschaft, an der wir unermüdlich arbeiten müssen. Ich begrüße, dass die Bundesregierung sieben Jahre nach dem ersten grünen Gesetzentwurf nun ein Verbot von Konversionsbehandlungen vorlegt.

Für Menschen, die unter denmenschenverachtenden Praktiken dieser Pseudotherapien leiden, setzt der Staatdamit ein klares Signal: Lesbische, schwule, bisexuelle und transsexuelleMenschen werden vor Personen, Organisationen und Glaubensgemeinschaften geschützt,die sie gewaltvoll „normieren“ wollen und als krank deklarieren.

Aber ein Verbot muss konsequentsein, ohne Ausnahme. Es muss im vollen Bewusstsein darüber erlassen werden, wiediese Behandlungen funktionieren und wer die besonders schutzwürdigen Gruppensind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind in erster Linie junge Menschen.Ihr Umfeld bringt ihnen bei, dass jede Abweichung von einer konstruiertenNormalität falsch ist. Menschen, denen sie vertrauen, reden ihnenbeispielsweise ein, dass ihre sexuelle Identität Sünde ist, Teufelszeug, eineGefahr für andere.

Junge Menschen sind nicht nur aufihre Erziehungsberechtigten angewiesen; auch deren Werte und Weltanschauungenhaben großen Einfluss auf das Wohl und Selbstbild ihrer Schutzbefohlenen. Genaudiese vertrauten Menschen sind doch diejenigen, die den größten Druck ausübenkönnen. Und deshalb sind die Ausnahmeregelungen im aktuellen Entwurf derRegierung fatal. So können Erziehungsberechtigte weiterhin ohne FolgenKonversionsbehandlungen durchführen. Bereits jetzt finden viele diesergefährlichen Behandlungen im privaten Bereich statt und entziehen sich so dergesellschaftlichen und der öffentlichen Kontrolle. Fakt ist aber: DiesePseudotherapien führen im schlimmsten Fall sogar dazu, dass Betroffene sich ausVerzweiflung das Leben nehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,darum muss der Staat hier besonders klare Orientierungspunkte für dieBetroffenen schaffen: Kein Mensch darf die Selbstbestimmtheit eines andereninfrage stellen oder sogar bedrohen.

Ein weiterer wichtigerBestandteil des Gesetzes muss ein wirksames Werbeverbot sein; denn es gibtMenschen, die aus eigener Motivation heraus und mit großer Hoffnung eineKonversionsbehandlung beginnen. Das ist wenig verwunderlich: Wenn Menschenjahrelang erklärt wird, dass sie krank sind, dann suchen sie nach Erlösung. Sieschöpfen Hoffnung in vermeintlichen Hilfsangeboten. Schädlich bleiben diesetrotzdem.

Der aktuelle Entwurf derKoalition erlaubt das sogenannte „nichtöffentliche Werben, Anbieten undVermitteln von Konversionsbehandlungen“. Das ist vage und lädt aktiv zurUmgehung ein. Ich fordere deshalb ein klares Verbot jeglicher Form vonVermittlung und Bewerbung von Pseudotherapien, egal in welchem Rahmen.

Lassen Sie uns gemeinsam miteinem lückenlosen Verbot Klarheit schaffen, mit dem eindeutigen Signal anBetroffene: Du bist okay, so wie du bist. Du bist wertvoll, egal wen du liebst.

Vielen Dank.