Berlinale: Gleichstellung im Kulturbetrieb fördern

Anlässlich der Eröffnung der Berlinale erklären Tabea Rößner, Sprecherin für Filmpolitik, und Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Auch wenn für die heutige Berlinale-Eröffnung nicht der schwarze, sondern der rote Teppich ausgerollt wurde, ist klar, dass die #MeToo-Debatte die Berlinale begleiten wird. Diese Debatte ist längst überfällig. Es ist erschreckend, wie sehr immer noch Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe gerade in der Filmbranche zum Alltag gehören. Daher ist es gut, wenn die #MeToo-Debatte größere Kreise zieht und aufgrund des Muts vieler Betroffener auch in anderen Bereichen geführt wird. Nur so kann die Gesellschaft für dieses Thema und für Ungerechtigkeiten zwischen den Geschlechtern sensibilisiert werden.

Es gibt viel zu tun für die Gleichstellung im Kulturbetrieb. Top-Positionen in vielen Kultursparten sind nach wie vor hauptsächlich männlich besetzt. Öffentliche Fördergelder werden nicht nach Kriterien vergeben, die das Machtungleichgewicht stärker ausgleichen. Das Missverhältnis im Fördersystem sitzt so tief, dass es nach wie vor mehr Filme von Regisseuren den Weg in internationale Filmfestivals schaffen, als von ihren Kolleginnen. Damit endet der Wettbewerb, bevor er begonnen hat. Zudem verstärkt die überwiegend männliche Sichtweise oft noch Rollenbilder. Vielfalt braucht mehr unterschiedliche Perspektiven auf unsere Welt. Es ist höchste Zeit, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Der Kulturbetrieb und das Filmgeschäft dürfen keine Männerdomänen bleiben.

Wir bewundern das Engagement und den Mut vieler deutscher Künstlerinnen, Gewalterfahrungen oder den Sexismus gegen sie offen anzusprechen. Auch die Politik muss ihren Beitrag zur Gleichstellung und Gerechtigkeit im Kulturbetrieb leisten. Allerdings bietet der Koalitionsvertrag nicht mehr als ein paar unverbindliche Lippenbekenntnisse. Die Große Koalition hat es wieder einmal verpasst, mit einer festen Quote für eine Gleichstellung im Kulturbetrieb zu sorgen. Wir fordern eine Frauenquote von 50 Prozent bei der Besetzung von Führungspositionen bei öffentlich geförderten Institutionen und Projektträgern, von Orchestern und bei Ausstellungen. Wir wollen, dass die kommende Bundesregierung aktiver gegen Tabus in Bezug auf Gewalt und Sexismus gegen Frauen vorgeht. Die Chance sollte sie nutzen.