Veranstaltung – KULTUR KOMMT. Kultur und Flucht – Möglichkeitsräume in der Krise?

In der Veranstaltungsreihe „KULTUR KOMMT“ diskutierten Ende Juni eine Expert*innenrunde die Frage „Kultur und Flucht – Möglichkeitsräume in der Krise?“. Ulle Schauws, kulturpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion und ihr nordrhein-westfälischer Kollege Oliver Keymis, Landtagsvizepräsident und grüner Kulturpolitiker, hatten dazu ins Theater an der Ruhr nach Mülheim eingeladen.

Theaterleiter Helmut Schäfer und  Anthropologe Jonas Tinius diskutierten intensiv mit den zahlreichen Gästen darüber, welche Rolle Kunst und Kultur angesichts der andauernden gesellschaftlichen Krisen spielen kann bzw. sollte. Die Debatte mit Theaterleuten, Teilnehmer*innen aus der Kommunalpolitik, dem Kulturmanagement und Wissenschaft drehte sich um Kontroversen wie die Instrumentalisierung von Kunst und Kultur aber auch um Nationalismen, Globalisierung und Neoliberalismus. Ausgangspunkt war das seit über 30 Jahren am Theater an der Ruhr gelebte Konzept der Interkulturellen Theaterarbeit als Kontrapunkt zur erstarkenden nationalstaatlich ausgerichteten Kulturauffassung. „Es ist irrig, Kultur als national zu betrachten“ hatte Helmut Schäfer einleitend gesagt und mit dem Verweis auf die vielschichtigen Wurzeln jedweder Kultur mindestens seit der Antike gut begründet. Einflüsse von Zugewanderten, Geflüchteten auf die jeweils aufnehmende Gesellschaft sind seit jeher feststellbar und auch fruchtbar, ja sogar unverzichtbar, so der Konsens zwischen Schäfer, Schauws und Tinius.

Kritisiert wurde allerdings, dass sich dies im offiziellen Kulturbereich wie in Theaterspielplänen oder im Kanon an Lehrstühlen widerspiegelt. Aktuell läuft das Projekt Ruhrorter unter dem Titel  „Als Gestern jedes Heute noch das Morgen war und jedes Heute morgen schon zum Gestern wird“, eine Aufführung, an der Geflüchtete und Zuwander*innen beteiligt sind. Bei der Premiere dieses ambitionierten Projekts in der explizit interkulturellen Tradition des Theaters an der Ruhr im Juni waren Ulle Schauws und Oliver Keymis anwesend. Adem Köstereli, Regisseur des aktuellen Stücks, muss auch im Jahr 2016 immer wieder die Frage beantworten, warum auf der Bühne viele Sprachen gesprochen werden. „Wir sind kein Deutschkurs, wir sind ein Theater“ gibt er dann als Denkanstoß zurück.