Rede zum Kulturhaushalt

Die Rede in Schriftform:

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Herr Kollege Kruse. – Nächste Rednerin in der Debatte ist Ulle Schauws für Bündnis 90/Die Grünen.

Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Kaum ein Thema beschäftigt die Kulturszene im Moment so sehr wie die laufenden TTIP-Verhandlungen. Die Aufregung ist groß, und darum will ich hier jetzt darauf eingehen, weil Staatsministerin Grütters das gerade nicht getan hat.

Die gebetsmühlenartigen Beteuerungen seitens der Bundesregierung, die Kultur sei von den Verhandlungen ausgenommen, kann die Gemüter nicht beruhigen, und ich meine: zu Recht. Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, ich frage Sie: Wer würde denn auf die Idee kommen, seine Blankounterschrift auf ein leeres Blatt Papier zu setzen? Wenn es um TTIP geht, erwarten Sie quasi genau das von den Bürgerinnen und Bürgern. Ich sage Ihnen: Ein völlig intransparentes Verfahren mit einem „Wird schon gut gehen“ zu legitimieren, reicht mir nicht, und es reicht mir auch nicht, darüber zu spekulieren, wie eine Ausnahme für die Kultur am Ende wirklich aussehen könnte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Spekulationen über eine mögliche Ausnahme in der Präambel, unklar, in welchem Kontext, und unklar, mit welcher Wirkung: Das ist keine Information, das ist ein Placebo.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE])

Kulturelle Güter haben einen Wert, der über das Materielle weit hinausgeht. Deshalb haben wir alle uns hier in Deutschland und in Europa immer für den besonderen Schutz der kulturellen Güter ausgesprochen – nicht zuletzt durch eine UNESCO-Konvention. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, sich nicht daran halten, dann verletzen Sie nicht nur die Grundwerte dieser Konvention. Nein, wenn Sie dem kulturellen Ausverkauf durch TTIP Tür und Tor öffnen, dann stellen Sie auch unsere kulturelle Vielfalt zur Disposition und gefährden unsere Daseinsvorsorge auf fundamentale Weise, und das geht nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Marco Wanderwitz [CDU/CSU]: Jetzt ist es mal gut!)

Frau Grütters, Sie wollen uns immer glauben machen, dass Sie eine der entschiedensten Gegnerinnen des TTIP-Abkommens sind – zumindest in Bezug auf den kulturellen Bereich. Wenn es Ihnen mit der Kultur und mit den Ausnahmen für die Kultur wirklich so ernst ist, dann fordern Sie keine Generalklausel, deren Wirkung Sie nicht kennen! Sie müssen dann schon konkreter werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir erwarten von Ihnen eine nachhaltige Kulturpolitik, eine Kulturpolitik, die ihre Projekte nicht anfängt und erst dann schaut, wohin die Reise geht – wie jetzt bei TTIP oder wie beim Humboldtforum, um noch ein prominentes Beispiel zu nennen. Mitten in Berlin wächst und wächst der Rohbau des Berliner Schlosses, aber er wächst noch immer ohne inhaltliche Substanz, und das, Frau Grütters, ist keine nachhaltige Kulturpolitik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Noch ein Thema der Kategorie „Ende offen“ steht auf der Agenda der Kulturpolitik: der Neubau für ein Museum der Kunst des 20. Jahrhunderts hier in Berlin. Seit über einem Jahr reden Sie jetzt über diesen Neubau, Frau Grütters. Bis heute ist aber auch hier nichts Substanzielles passiert: kein Budget, kein Zeitplan. Das Ende ist offen – wie so oft.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)