Grüner Salon – Wenn Menschen flüchten

Ulle Schauws, die Krefelder grüne Bundestagsabgeordnete, hatte mit ihrem als Menschenrechtspolitiker bekannten Kollegen Tom Königs bereits Anfang des Jahres vereinbart, zum Thema Fluchtursachen eine Veranstaltung in ihrer Heimatstadt zu durchzuführen. Als 13. Grüner Salon der Heinrich-Böll-Stiftung verwirklichten die beiden Abgeordneten jetzt die Vereinbarung unter dem Titel „Wenn Menschen flüchten – Gründe und Abgründe“ und mit einem hochkarätig besetzten Podium.

Organisator Harry von Bargen freute sich sehr, dass zu den beiden Abgeordneten auch die Krefelder Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums Dr. Tagrid Yousef und der Fachreferenten des Bistums Aachen für Flüchtlingsfragen, Mussié Mesghinna aufs Podium kamen. Im vollbesetzten Saal des Südbahnhofs entwickelte sich eine über 2-stündige intensive Diskussion. Die Eingangsstatements hielten Dr. Yousef und Mussié Mesghinna. Damit war das Podium sofort mitten im Thema. Dr. Yousefs Eltern verließen Palästina nach dem 6-Tage-Krieg 1967, Mussié Mesghinna verließ Eritrea 1984, als er wegen seines politischen Engagements in erhebliche Gefahr geriet. Beide erzählten über ihre persönlichen Fluchtgründe und zeigten damit, wie vielfältig diese sind. Es wurde aber auch sehr deutlich, wie eng Fluchtgründe mit den komplexen Zusammenhängen in der globalisierten Welt verwoben sind.

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Die Diskussion fokussierte sich zunehmend – wohl auch unter dem Eindruck der amerikanischen Präsidentenwahl – auf die Probleme im Umgang mit den Geflüchteten bei uns, die nach der großen Fluchtbewegung im vergangenen Jahr sichtbar wurden. Tom Königs betonte, das „Wir schaffen das“ der Kanzlerin müsse ein „Wir wollen das schaffen“ sein. Und Mussié Mesghinna ergänzte: „ Ich habe vorigen Sommer gedacht, Deutschland sei endlich da angekommen, wo es als eine der reichsten Wirtschaftsmächte hingehört.“ Über die aktuelle Entwicklung nach rechts zeigten sich alle besorgt.

Tom Königs zog nach der intensiven Diskussion das Fazit, dass es angesichts der zahlreichen ungelösten weltweiten Konflikte unbedingt notwendig ist, die UN – trotz aller auch berechtigter Kritik – zu stärken. Und er appellierte an die Anwesenden: Wir müssen die Demokratie aktiv verteidigen und zog einen Vergleich zur Situation am Ende der Weimarer Republik. „Meine Großeltern waren keine Nazis. Aber sie haben auch nichts getan, die Republik zu verteidigen,“ erinnert sich der 72-jährige Politiker.

Für Ulle Schauws hat sich in den letzten Monaten die Sicht auf die Welt verändert: „Ich dachte lange, dass eine Akzeptanz für eine Rückwärtsbewegung in diesem Land mit seiner nationalsozialistischen Vergangenheit nicht geben könne. Umso mehr denke ich, dass es jeden Tag unser aller Verantwortung ist, die freiheitlich demokratische Grundordnung aktiv zu stärken.“