Rede zur Finanzierung von Frauenhäusern

Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Über Gewalt gegen Frauen ist seit der Silvesternacht so viel wie in den letzten Jahren nicht geredet worden. Es ist wichtig, dass diese Gewalt, aber vor allem die Betroffenen im Fokus bleiben; denn jede dritte Frau in Deutschland hat schon einmal Gewalt erfahren. Unsere politische Verantwortung ist es, Gewalt gegen Frauen – egal wo, ob im öffentlichen oder im häuslichen Raum – nicht aus dem Blick geraten zu lassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Gewaltschutzgesetz war ein Meilenstein zum Schutz von Frauen vor Gewalt. Für Frauen in Not sind Frauenhäuser oft eine existenzielle Anlaufstelle. Sie finden hier Sicherheit, auch mit ihren Kindern, und hier kann die Gewalt vor der Tür bleiben. Tatsache aber ist, dass wir seit vier Jahrzehnten über die mangelnde Finanzierung der Frauenhäuser sprechen. Tatsache ist, dass Frauen in Deutschland oft keinen Frauenhausplatz bekommen. Tatsache ist, dass Hilfe oft zur Glückssache und zu einer Frage des passenden Zeitpunkts wird. Ich sage Ihnen: Das kann so nicht weitergehen. Hier widerspreche ich auch den Ausführungen der Kollegin Pantel. Die Situation ist tatsächlich von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. Ich sehe da auch eine Verantwortung des Bundes, über die wir reden müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Morgen starten die autonomen Frauenhäuser – die Kollegin Möhring hat das gerade gesagt – aus Anlass ihres 40-jährigen Bestehens die 16-Tage-16-Bundesländer-Tour unter dem Motto „Gewalt gegen Frauen beenden! Frauenhausfinanzierung jetzt sichern!“. Sie fordern, dass die Politik endlich verantwortliche Lösungen für eine verlässliche Finanzierung findet. Ich finde, sie haben recht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ich will Ihnen sagen, was ich nicht nachvollziehen kann: Es gibt immer eine große Betroffenheit – wir haben gerade Beispiele gehört –, wenn das Schicksal einzelner Frauen in Frauenhäusern und die Not der Frauenhäuser und der Mitarbeiterinnen konkret sichtbar werden; das erlebe ich auch bei der SPD und der Union. Wir haben mit dem Ausschuss schon gemeinsame Begehungen von Frauenhäusern durchgeführt. Wenn es dann aber um die konkreten Schritte geht und die sichere Finanzierung der Hilfen für Frauen angesprochen wird, ist die Zurückweisung an die Länder und Kommunen, wie gerade passiert, immer die leichteste Übung, obwohl wir – und das sage ich ganz deutlich – im Bund etwas machen können. Ich finde das ermüdend und Ihre Argumente an dieser Stelle auch nicht durchgängig glaubwürdig. Sie sehen die Not von Frauen, aber tun an dieser Stelle nichts. Ich finde, verantwortliche Politik ist auch, zu prüfen, was wir seitens des Bundes tun können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Aus dem Frauenministerium kommt hier ebenfalls zu wenig. Das Ministerium hat zuletzt 2013 etwas gegen Gewalt an Frauen getan. Da wurde nämlich das Hilfetelefon eingerichtet. Zu den Frauenhäusern hat Ministerin Schwesig lediglich eine Bedarfsanalyse angekündigt. Ich sage „angekündigt“. Dafür braucht man nicht zweieinhalb Jahre Regierungszeit. Gewaltschutz für Frauen steht hier nur im Kleingedruckten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch etwas: Die Pflicht zum Gewaltschutz gilt in Deutschland auch für geflüchtete Frauen, die in Unterkünften leben und besonders verwundbar sind. Was aber hat Innenminister de Maizière gemacht? Er hat ein vereinbartes Konzept für den Gewaltschutz gekippt. Wichtige Mindeststandards wie abschließbare Toiletten und getrennte Duschen in den Unterkünften sind nicht vorgesehen. Dem Anspruch eines Gewaltschutzes und der EU-Aufnahmerichtlinie wird die Bundesregierung somit nicht gerecht, und das kritisieren wir Grüne aufs Schärfste.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Hinzu kommt: Betroffene Flüchtlingsfrauen bekommen aufgrund der Residenzpflicht bei Gewalterfahrungen durch den Partner oder auch durch andere Männer in der Unterkunft im Zweifel keinen Schutz. Das geht überhaupt nicht. Nötig wäre – die Kollegin Möhring hat das gesagt, und das steht auch in diesem Antrag – ein Rechtsanspruch für alle Frauen auf einen Frauenhausplatz. Das hätte eine positive Signalwirkung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Darin sind wir uns in der Opposition nach einem gemeinsamen Fachgespräch von Linken und Grünen einig. Klar ist auch, dass ein Rechtsanspruch an ein tragfähiges Finanzierungskonzept gekoppelt sein muss. Ich finde, hier bleibt der Antrag ein wenig zu vage. Die Antwort auf die Frage, wie die finanzielle Verantwortung in Bezug auf den Rechtsanspruch und das gesamte Hilfesystem mit dem Bund geregelt werden kann, bleibt offen. So sind Länder und Kommunen mit der Finanzierung wieder alleine.

Wir unterstützen den Antrag der Linken auf einen Rechtsanspruch. Er geht in die richtige Richtung. Wir wollen eine fundierte Lösung für den Schutz der Frauen. Dafür braucht es schlicht und einfach auch eine Mitfinanzierung durch den Bund, und die müssen wir hier besprechen.

Wenn Sie von Union und SPD weiterhin den Gewaltschutz für Frauen wichtig finden und das auch nach Silvester weiter diskutieren wollen, dann sollten Sie zuvor endlich auch im Bund konsequent handeln.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)