Rede zum Antrag „Pille danach aus der Verschreibungspflicht entlassen“ am 29.01.2015

Unten findet sich die Rede von Ulle Schauws zum Antrag  „Pille danach aus der Verschreibungspflicht entlassen“.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Gesundheitsminister Hermann Gröhe hat endlich angekündigt – wir haben es mittlerweile mehrfach gehört –, die Pille danach aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Das ist eigentlich eine gute Nachricht für die Frauen in diesem Land. Aber ich finde, es bleibt ein bitterer Nachgeschmack; denn die Entscheidung war keine freiwillige.

Die EU-Kommission musste den Minister erst zur Vernunft zwingen. Sie hat klar entschieden, die Pille danach mit dem Wirkstoff Ulipristalacetat europaweit ohne Verschreibung freizugeben. Ohne das wäre meiner Ansicht nach nichts passiert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Hilde Mattheis [SPD]: Das Ergebnis zählt!)

– Das mag sein. Aber sonst wäre nichts passiert. Auch Sie hätten daran nicht viel geändert.

Dass er jetzt auch den zweiten, weitaus besser geprüften Wirkstoff Levonorgestrel aus der Verschreibungspflicht entlassen will, ist mehr als folgerichtig. Das war seit langem eine grüne Forderung.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für dieses unnötige Geziehe und Gezerre kann Minister Gröhe von uns keinen Applaus erwarten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die Aufhebung der Rezeptpflicht war längst überfällig. Sie von der Union haben mehr als zehn Jahre verhindert, dass es dazu kam, erst zu rot-grünen Zeiten durch Ihre Blockade im Bundesrat und in den letzten Jahren als Regierungsfraktion. Sie blieben bei dem Kurs; auch Sie ignorierten den ausdrücklichen Rat der zuständigen Behörden. Warum? Dafür gibt es aus meiner Sicht zwei Gründe: Zum einen waren Sie von der Union aus ideologischen Gründen dagegen, die Pille danach freizugeben.

(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das hat nichts mit Ideologie zu tun! – Gegenruf der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich!)

Mir scheint, Sie haben nach wie vor ein Problem damit, die reproduktiven Freiheiten von Frauen ohne Wenn und Aber zu stärken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Zum anderen – das finde ich genauso fatal – haben Sie sich dem Druck der Ärztelobby gebeugt. Die Gynäkologen haben nämlich kein Interesse daran, dass die Pille danach direkt in Apotheken verkauft wird. Sie wollen, dass die Frauen in ihre Praxis kommen und sie Rezepte verschreiben können. Damit verdienen sie ihr Geld.

Ich muss hier einmal anmerken – ich habe mir die letzte Debatte noch einmal sehr genau angesehen –: Es war wirklich schwer erträglich, wie Sie von der Union sich ausschließlich für die Interessen der Ärzteschaft starkgemacht haben. Sie haben das Selbstbestimmungsrecht der Frauen diesen untergeordnet. Nun hat der Minister erfreulicherweise die Seite gewechselt, und Sie müssen jetzt zusehen, wie Sie auf die neue Linie kommen.

(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das ist Ihre Interpretation! Sie haben nicht richtig gelesen!)

Sie, Kollegin Maag, haben das heute schon ganz gut unter Beweis gestellt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Ich finde, der Minister hätte die Urteile der Expertinnen und Experten von vornherein ernst nehmen müssen. Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht sprach sich wiederholt für die Rezeptfreiheit aus; aber der Minister hielt viel zu lange daran fest, und zwar gegen die Vernunft und auch gegen Lösungen für Frauen in Notsituationen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich betone noch einmal ausdrücklich: Bei einer Verhütungspanne oder gar nach einer Vergewaltigung zählt für die Frau jede Stunde, vor allem am Wochenende. Ich bin davon überzeugt, dass Frauen verantwortungsvoll mit dem Präparat umgehen. Es wäre gut, wenn Sie von der Union das endlich auch so sähen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Außerdem geht es jetzt darum, dass junge Frauen die Möglichkeit erhalten, wie bisher die Pille danach kostenfrei bzw. gegen Zuzahlung zu bekommen. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir das Sozialgesetzbuch V ändern, damit junge Frauen entscheiden können: Pille danach entweder kostenlos mit ärztlicher Verschreibung oder selbst zahlen direkt in der Apotheke.

(Hilde Mattheis [SPD]: Was machen wir denn anderes?)

– Ja, jetzt machen Sie es. Aber unser Gesetzentwurf lag ein bisschen eher vor. – Das nenne ich Selbstbestimmtheit und echte Wahlfreiheit für junge Frauen.

Weiterhin setzen wir darauf, die qualifizierte Beratung durch die gut ausgebildeten Apothekerinnen und Apotheker zu stärken. Wir wollen auch Entscheidungshilfen im Internet anbieten. Wir wollen den Frauen ermöglichen, eine informierte Entscheidung zu treffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich meine, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eigentlich ganz einfach. Sie haben jetzt einen Vorschlag vorgelegt. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt. Sie können dem eigentlich zustimmen. Wir sind dann gemeinsam auf der Zielgeraden. Für die Frauen ist das auf jeden Fall eine gute Entscheidung.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])