Offener Brief zur Frauen-Quote

Das unwürdige Gezerre in der Großen Koalition beim Quotengesetzentwurf muss endlich ein Ende haben. Deshalb haben Ulle Schauws, Katja Dörner und Renate Künast in einem offenen Brief an die Gruppe der Frauen in der Union appelliert, hier deutlich Position für die Quote zu beziehen.

Liebe Karin Maag, liebe Gruppe der Frauen,

wir wenden uns heute an Sie, weil wir der Überzeugung sind, dass die Quote für die Aufsichtsräte endlich kommen muss. Derzeitige Äußerungen von Abgeordneten der Union sind für uns in diesem Zusammenhang unfassbar. Frauen sind keine Belastung – da sollten wir uns doch alle einig sein. „Führende Unionsvertreter“, so lesen wir in der Presse (z.B. in der Welt vom 14.10.14) knüpfen die Einführung der Quote aber “an Entlastungsprogramme für die Wirtschaft“. Es gäbe in der Unionsfraktion „auch Vorbehalte gegen die Frauenquote“. Denn viele glaubten, dass Unternehmen selber entscheiden müssten, wie sie ihre Führungen besetzten. Und Gerda Hasselfeldt, die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, fragte sogar, ob „angesichts der konjunkturellen Schwäche“ nicht noch ein bisschen Zeit ins Land gehen sollte, bevor es zu den Belastungen durch die Quote käme. Die Quote sei eine Belastung für die Wirtschaft, auch der „psychische Sektor“ spiele eine Rolle. Die Quote, eine psychische Belastung für deutsche Unternehmen?

Solche Äußerungen sind ein Foulspiel gegenüber den Frauen. Besonders skurril ist die Warnung der CSU vor dem bürokratischen Aufwand. Dieses Argument von der Partei zu hören, die auf Teufel komm raus das Bürokratiemonster Pkw-Maut erschaffen will, ist wenig glaubwürdig. Wo sind die Frauen der Union, die sich für die Quote stark machen und an ihre Kollegen und auch ihre Kolleginnen appellieren?

Viele von uns haben im letzten Jahr die „Berliner Erklärung“ unterzeichnet. Schon letztes Jahr hätten wir eine Mehrheit im Bundestag für eine Quote in den Aufsichtsräten haben können. Wenigstens hat das Thema dann Eingang ins Wahlprogramm der Union gefunden. Eine feste Quote für die Aufsichtsräte wurde in Aussicht gestellt. Und jetzt erleben wir eine Diskussion mit Argumenten aus der ältesten, von Vorurteilen beladenen Mottenkiste.

Wie Sie wissen, sind wir Grüne mit den bisherigen Vorschlägen – und vor allem den starken Abschwächungen – im geplanten Gesetzentwurf nicht zufrieden. Eine Quote für Neubesetzungen ab 2016 für 100 Unternehmen ist zu wenig und liegt eher im homöopathischen Bereich. Sie wird die Arbeitswelt nicht wirklich verändern. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt mit einer 40-Prozent-Quote für börsennotierte und mitbestimmte Unternehmen, das sind immerhin 3.500.

Wir sehen dieses Gesetzesvorhaben allenfalls als ersten Schritt. Aber dass bereits dieses Quötchen auf derartigen Widerstand stößt, überrascht uns doch sehr. Wir glauben, dass unsere Gesellschaft längst weiter ist.

Wir brauchen so schnell wie möglich eine verbindliche Quote. Das Zerreden der Quote aus welchen koalitionspolitischen Erwägungen auch immer muss ein Ende haben. Wir möchten Sie auffordern, sich positiv in die Debatte einzumischen, damit die Frauenquote endlich kommt. Die Geduld der Frauen ist zu Ende.

Mit herzlichen Grüßen,

Katja Dörner, Ulle Schauws und Renate Künast

Der offene Brief findet sich als PDF hier: Offener Brief zur Frauenquote

Der SPIEGEL hat über den offenen Brief berichtet: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/frauenquote-gruenen-abgeordnete-kuenast-wirft-union-foulspiel-vor-a-1001129.html